Psychologin Dr. Ewa Lodygowska
Die Coronakrise hat viele unvorhersehbare Auswirkungen. Laut Meinungen verschiedener Wissenschaftler (z.B. Professorin Katrin Sevecke) steigt das Risiko der psychischen Störungen bei Kindern und Jugendlichen von 18 auf zirka 30 Prozent.
Einerseits reagieren die Kinder auf diese Krise ähnlich wie Erwachsene – Symptome sind Unruhe, Angst, Anspannung, Depressivität, Schlafstörungen und Albträume.
Andererseits erhöhen sich bei Kindern und Jugendlichen der Konsum von Alkohol, Medikamente oder Drogen sowie Zwangshandlungen. Darüber hinaus haben kleine Kinder somatische Symptome z. B. Bauchschmerzen, Kopfschmerzen oder andere körperliche Schmerzen oder sie zeigen ein regressives Verhalten, das typisch für jüngeres Alter ist.
Im Prozess der Bewältigung von Stress, der mit dem Coronakrise verbunden ist, spielt die Familie eine wichtige Rolle.
Im Bereich der Psychologie wird eine sogenannte Theorie des Modelllernens beschrieben (Rotter, 1954, Bandura, 1963, 1977). Eine wichtige Person oder eine Bezugsperson ist ein Modell, das von einem Beobachter beobachtet wird. Der Beobachter sieht sich das Verhalten der Modellperson an, danach ahmt er es nach und wiederholt es. Dank der Beobachtung und Wiederholung lernt er ein neues Verhalten. Im Fall der Kinder spielen die Eltern eine Modellrolle. Es hängt von ihrer Reaktion ab, welches Verhalten die Kinder wiederholen und beherrschen werden. Wenn die Eltern mit sehr großer Angst oder Panik reagieren, gibt es ein Risiko, dass ihre Kinder sich genauso benehmen werden.
Für ältere Jugendliche sind die Gleichaltrigen statt ihrer Eltern nicht nur Modellpersonen sondern auch die Hauptquelle der Unterstützung. In Coronazeiten ist diese Quelle weder genug noch sicher, weil viele Jugendliche, die für ihre Freundinnen und Freunde eine Inspiration zum Nachahmen sind, unter vielen Störungen wie z.B. Ratlosigkeit, dysphorische Stimmung oder Lustlosigkeit leiden.
Ein anderer wichtiger Aspekt ist, dass die Kinder sich nicht nur um sich selbst, sondern auch um andere Mitglieder der Familie, z.B. um die alte Oma oder um den Vater, der seine Arbeit verloren hat, sorgen. Probleme der Erwachsene sind oft belastend und unlösbar für Kinder.
In Coronazeiten gibt es in Familien mehr Gründe zum Streit. Einerseits benutzen die Kinder den Computer und das Handy mehr, deswegen haben sie weniger Zeit und Lust für andere nützliche Tätigkeiten. Andererseits müssen alle Mitglieder der Familie für ein lange Zeit auf engem Raum zusammenleben. Das bedeutet, dass viele Aktivitäten, die früher nicht regelmäßig stattgefunden haben, jetzt verstärkt werden: z.B. Neigung zum Alkohol, langfristige Konflikte, Aggressivität, Streitigkeiten. Die Quarantäne beschränkt die Möglichkeiten der Bewältigung dieser Probleme, indem Familien außerhalb der Familie eine Quelle der Unterstützung finden.
Die Reaktion der Kinder hängt sowohl vom Alter, als auch vom weiteren Kontext ab. In vielen Familien gibt es nicht nur Covidkranke, sondern auch Covidopfer. Kinder, die in Orten, in denen es viele Covidkranke gibt, leben, haben manchmal Schamgefühle. Sie erleben eine stigmatisierende Erfahrung, die ein Minderwertigkeitsgefühl erzeugen kann.
Zum Schluss kann man aber auch etwas über die positiven Auswirkungen sagen. Obwohl viele Menschen an der Coronakrise und den damit verbundenen Maßnahmen leiden, entdecken die Menschen Aktivitäten, an die sie früher nicht gedacht hätten. Beispielsweise backen Familien zusammen, bereiten Mahlzeiten zu, während denen sie miteinander sprechen oder sie organisieren Spielabende. Oft haben sie mehr Zeit für das Lesen, für Diskussionen und um etwas Interessantes oder Neues zu planen. Deswegen kann die Coronazeit auch eine Gelegenheit sein um positive Veränderungen einzuführen.
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